Schwimmen lernen und können– ein lebenslanger Prozess! Oder welchen Stellenwert hat das Seepferdchen in Deutschland???

Bereits seit 4 Jahrzehnten wird in breiten Teilen der Bevölkerung  das Bestehen der Seepferdchen Prüfung (25 Meter „fortbewegen“ im Wasser, untertauchen und springen) als legitime Bestätigung für das sicherer „Schwimmen können“ anerkannt. Schulen, Verbände und private Anbieter haben in ihren Kursen mit dem entsprechenden Kursziel – Bestehen der Seepferchen Prüfung – eine entsprechende Mitschuld an dieser Einstellung. Die Folgen und der Druck für die Schwimmanfänger sind deshalb enorm, denn in kürzester Zeit, meistens nach 10 x 45 Minuten, soll ein Kind 25 Meter Schwimmen, Tauchen und Springen können. Folglich werden für die wichtigsten Dinge beim Schwimmen lernen, die sogenannte Wassergewöhnung (Schweben, Gleiten, Unterwasser Ausatmen und Springen) kaum Zeit investiert, weil ja das Kind nach 10 Lerneinheiten irgendwie die 25 Meter schaffen sollte. Dazu kommt noch die die erschreckende Zahl von Kindern, die mit ihren motorischen Fähigkeiten (z. B. Hampelmann) große Schwierigkeiten haben. Leider gibt es immer noch unwissende und vor allem ehrgeizige Eltern, überfüllte Kurse mit 10 Kindern pro Schwimmlehrer, die leider keine Seltenheit sind, was zur Folge hat, dass der Schwimmlehrer wie auch das Schwimmkind heillos mit dieser Situation überfordert ist. Die angespannte Bädersituation in vielen Gebieten trägt zu dieser prekären Situation sicherlich auch bei. Von Spaß und Freude beim Schwimmen lernen kann hier wohl nicht mehr die Rede sein.

Der Deutsche Schwimm Verband und einige private Anbieter versuchen hingegen seit Jahren, dieser Einstellung und Entwicklung entgegenzuwirken. Böse Zungen behaupten sogar, dass das Seepferdchen die „Lizenz zum Ertrinken“ sei. Leider hat sich das in den letzten Jahren bewahrheitet und es sind mehrere Kinder mit Seepferdchen, vor allem außerhalb der Schwimmbäder, ertrunken, weil eben ihre Eltern im falschen Glauben waren: Mein Kind hat Seepferdchen und kann schwimmen!!!

Die von der DSV Schwimmjungend zertifizierten Schwimmschulen in Deutschland unterstützten die Erklärung, dass eine Schwimmfähigkeit erst mit dem Erwerb des Jugendschwimmabzeichen Bronze (200 Meter schwimmen, 2 Meter Tieftauchen, 3 verschiedene Sprünge) gegeben ist und das Schwimmen lernen, üben und trainieren ein lebenslanger Prozess sei sollte.

Aus diesem Grund gibt es in ganz Deutschland keine vom DSV zertifizierte Schwimmschule die im Anfängerschwimmen das Kursziel Abnahme des Seepferdchens vorsieht. Es lohnt sich auch einmal über den Tellerrand zu blicken und zu unseren Nachbarn, den Schweizern zu schauen. Die zusammengeschlossenen Verbände (www.swimsport.ch) kennen z.B.  überhaupt kein Seepferdchen, sondern bauen das Konzept Schwimmen lernen in einzelne Prozessstufen auf. So gibt es z.B. zum Erlenen des Untertauchens ein Abzeichen und einen Stempel in das Kursbuch Schwimmen. Die Aufgaben in diesem Kursbuch enden mit den 200 Metern sicherem Schwimmen und kann ein Kind über mehrere Jahre in seinem Lernprozess begleiten!!!